WAS IST AUTISMUS?

Illustration eines Gehirns in textbuchartiger Linienführung. Es ruht auf einem gelb-grünen Aquarellhintergrund. Rechts und links ranken Zweige mit grünen Blättern und umrahmen das Gehirn. Zwei gelbe Blüten wachsen jeweils auf einer Seite.
Ich musste lange und ausgiebig suchen, ehe ich eine Definition von Autismus fand, die verständlich war und der ich zustimme. Der folgende Text wurde von Nick Walter auf NEUROCOSMOPOLITANISM geschrieben, und wurde hier von mir wörtlich aus dem Englischen übersetzt.

WHAT IS AUTISM?

Autismus ist eine genetisch bedingte menschliche neurologische Variante. Die komplexen, miteinander zusammenhängenden Eigenschaften, die autistische Neurologie von nicht-autistischer Neurologie unterscheiden, sind noch nicht vollständig verstanden. Aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisse weisen jedoch darauf hin, dass der Hauptunterschied darin liegt, dass autistische Gehirne besonders viele synaptischen Verbindungen haben, welche besonders reaktionsfähig sind.
Dies führt dazu, dass die subjektive Erfahrung autistischer Menschen tendenziell intensiver und chaotischer ist, als die nicht-autistischer Menschen: sowohl auf sensorisch-motorischer, wie auch auf kognitiver Ebene neigt der autistische Verstand dazu, mehr Informationen wahrzunehmen, und die Auswirkungen aller Informationen sind tendenziell sowohl stärker ausgeprägt, wie auch weniger vorhersehbar.

Autismus ist ein Entwicklungsphänomen. Dies bedeutet, dass es im Mutterleib beginnt und über die gesamte Lebensdauer hinweg auf vielen Ebenen einen tiefgreifenden Einfluss auf die Entwicklung hat. Autismus erzeugt charakteristische, untypische Arten des Denkens, Bewegens, Interagierens, und der sensorischen und kognitiven Verarbeitung. Ein oft angestellter Vergleich ist, dass autistische Menschen ein anderes neurologisches „Betriebssystem“ haben, als nicht-autistische Menschen.

Trotz zugrunde liegender neurologischer Gemeinsamkeiten, unterscheiden sich autistische Menschen stark voneinander. Einige autistische Menschen zeigen aussergewöhnliche kognitive Fähigkeiten. Im Zusammenhang mit einer Gesellschaft, die rundum auf die sensorischen, kognitiven, entwicklungsbezogenen, und sozialen Bedürfnisse nicht-autischer Menchen eingestellt ist, sind autistische Menschen jedoch fast immer zu einem gewissen Grad behindert – manchmal ganz offensichtlich, und manchmal subtiler.

Der Bereich der sozialen Interaktion ist ein Zusammenhang, in dem autistische Menschen tendenziell konstant behindert sind. Das sensorische Erleben der Welt eines autistischen Kindes ist intensiver und chaotischer, als das eines nicht-autistischen Kindes. Die andauernde Aufgabe, diese Erfahrung zu navigieren und zu integrieren nimmt daher mehr der Aufmerksamkeit und Energie des autistischen Kindes in Anspruch. Dies bedeutet, dass das autistische Kind weniger Aufmerksamkeit und Energie dafür übrig hat, um sich auf die Feinheiten sozialer Interkationen zu konzentrieren.
Schwierigkeiten damit, den sozialen Erwartungen nicht-autistischer Menschen gerecht zu werden, führen oft zu sozialer Ablehnung, welche soziale Schwierigkeiten weiter verstärkt und soziale Entwicklung behindert. Aus diesem Grund wurde Autismus von denen, die nicht wissen, dass die sozialen Schwierigkeiten mit denen autistische Menschen konfrontiert sind, lediglich ein Nebenprodukt der intensiven und chaotischen Natur des autistischen sensorischen und kognitiven Erfahrens sind, häufig fälschlich als eine Reihe von „sozialen und kommunikativen Defiziten“ ausgelegt.

Autismus wird immer noch weitgehend als „Störung“ angesehen. Diese Ansicht wurde in den letzten Jahren jedoch von Verfechtern des Neurodiversitätenmodells in Frage gestellt, welches besagt, dass Autismus und andere neurokognitive Varianten schlicht Teil des natürlichen Spektrums menschlicher biologischer Vielfalt sind, genauso wie Varianten in ethnischer Zugehörigkeit, oder sexueller Orientierung (welche in der Vergangenheit ebenfalls pathologisiert wurden). Letztendlich stellt die Beschreibung von Autismus als eine Störung eher ein Werturteil dar, als eine wissenschaftliche Tatsache.


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