HOME » BLOG » “MASKING” UND “PASSING” – WAS DAS IST UND WARUM ES SCHLECHT IST
“MASKING” UND “PASSING” – WAS DAS IST UND WARUM ES SCHLECHT IST
WAS MASKIEREN IST UND WARUM ES EXISTIERT
Maskieren bedeutet, alles von dir, was sichtbar autistisch ist, zu unterdrücken, um nicht-autistisch zu erscheinen. Nicht-autistisch erscheinen nennen wir Passing.
EINE PERSÖNLICHE ANMERKUNG: Ich bevorzuge den Begriff “Camouflaging” anstatt Maskieren. „Maskieren“ impliziert, meine Maske aufs Gesicht zu setzen. „Maskieren“ ist jedoch ein Ganzkörperakt. Daher bevorzuge ich „Camouflaging“. Man denke an Chameleons. Für diesen Post halte ich mich an den gebräuchlicheren Begriff.
Maskieren ist oft notwendig für das Überleben von Autisten, weil dies einige der Dinge sind, die passieren, wenn wir in der Öffentlichkeit offen autistisch sind:
– wir werden komisch angeschaut und hinter unserem Rücken wird geflüstert
– wir werden gemobbt, belästigt, missbraucht, bestraft
– Menschen nehmen uns nicht ernst
– wir werden nicht eingestellt
– wir werden von der Gesellschaft ausgegrenzt
– wir haben ein höheres Risiko Opfer von Nötigung, sexueller Gewalt, Polizeigewalt zu werden
– wir bekommen keine adequate medizinische Behandlung
MASKIEREN LÄSST AUTISMUS NICHT VERSCHWINDEN
Ich musste „normal“ sein, um zu überleben. Aber ich konnte nicht normal SEIN, also habe ich stattdessen gelernt, normal zu ERSCHEINEN. Und je mehr ich gelernt habe, desto mehr dachten sie, ich SEI wirklich normal. Aber ich habe es nie ganz geschafft. Etwas an mir blieb immer „falsch“.
Maskieren ist andauernd zu versuchen, “normal” zu sein und es nie zu schaffen.
Nicht-autistische Menschen neigen dazu, Maskieren falsch zu interpretieren und es zu feiern. Zuerst neigen nicht-autistische Menschen dazu, Autismus als etwas Schlechtes darzustellen. Dann schließen sie daraus, dass wir „geheilt“ werden müssen. Daraufhin benutzen sie Behandlungen an uns, die uns beibringen, unsere autistischen Verhaltensweisen zu unterdrücken. Und letztendlich feiern sie uns als „geheilt“ oder aus unserem Autismus „herausgewachsen“, wenn wir nicht-autistisch erscheinen.
Für uninformierte oder ignorante Menschen sieht Maskieren so aus, als sei ein autistischer Mensch nicht mehr autistisch. Diese Schlussfolgerung ist jedoch falsch und unglaublich schädlich. Während wir von außen betrachtet „normal“ erscheinen mögen, hat sich unser Inneres nämlich nicht verändert. Wir bleiben autistisch. Und am Wichtigsten: unsere autistischen Bedürfnisse bleiben die Gleichen. Sie bleiben nur ignoriert und unterdrückt.
MASKIEREN IST GEFÄHRLICH
Ja. Maskieren ist tatsächlich gefährlich für Autisten. Es schadet unserer körperlichen und geistigen Gesundheit. Etwas, das nicht-autistische Menschen gerne mal vergessen, oder auch geradeheraus verleugnen.
Maskieren stellt unsere Körper dauerhaft unter Stress. Es führt zu körperlicher Erschöpfung. Stimming zu unterdrücken bedeutet beispielsweise, sich ununterbrochen jeder noch so kleinen Bewegung bewusst zu sein, die man macht. Damit man sich selbst erwischt, bevor man stimt, den eigenen Körper anspannen kann, um die Bewegung zu unterdrücken. Das ist völlig ermüdend. Man stelle sich vor, das jeden Tag seines Lebens, während jeder wachen Sekunde tun zu müssen.
Maskieren ist auch eine Belastung für unsere geistige Gesundheit. Weil sich alles darum dreht, dass natürliche autistische Verhaltensweisen falsch sind. Das etwas mit uns nicht stimmt. Das über sich selbst zu denken ist nicht gesund und hat schlimme Langzeitfolgen.
Maskieren führt zu Dingen wie:
– muskulärer Anspannung, Schmerzen, und allem, was damit zusammen hängt (Schwindel, Übelkeit, Schlafmangel usw.)
– chronischem Stress
– negatives Selbstbild und geringes Selbstwertgefühl
– Angst
– Depression
– Suizidgedanken
– Suizid
Ja. Suizid. Neue Studien haben gezeigt, dass Autisten eine bis zu 7-mal höhere Suizidrate haben. Und das ein Grund dafür Maskieren ist. Zu sagen, dass Maskieren tödlich sein kann, ist nicht übertrieben.
WIR VERDIENEN ES, AUTISTISCH UND GESUND UND GLÜCKLICH ZU SEIN
Damit Autisten gesund und glücklich leben können, muss die Gesellschaft uns akzeptieren. Uns zu verstehen ist der erste Schritt in Richtung Akzeptanz, deshalb sind hier ein paar Einblicke in meine „merkwürdigen“ Eigenarten.
Einige meiner autistischen Eigenarten brauche ich, um gesund zu sein – wie Stimming, strenge Routinen, begrenzte soziale Interaktionen und viel Ruhezeit dazwischen, keinen erzwungenen Augenkontakt, und Anpassungen für meine Reizverarbeitungsprobleme.
Und einige meiner autistischen Eigenarten brauche ich, um glücklich zu sein – wie alles anzufassen, all die kleinen Details zu sehen und aufzuzeigen, und über meine Interessen zu sprechen.
Autistisch, gesund, und glücklich heißt, kein Maskieren mehr. Es muss aufhören. Passing kann keine Anforderung dafür sein, dass wir akzeptiert werden.
Lies hier, was andere Autisten über Maskieren und Passing denken (englisch):
ANGIEANTITHEIST
MUSINGSOFANASPIE
JUDYENDOW
Schreibe einen Kommentar