HOME » BLOG » STIMSTOSS AND STIMSTOCKEN – STIMMING IN BEGRIFFE FASSEN
STIMSTOSS AND STIMSTOCKEN – STIMMING IN BEGRIFFE FASSEN
STIMMING
Stimming ist die Kurzform für “repetitive self-stimulatory behavior“ (Englisch, „repetitives selbst-stimulierendes Verhalten).
Der Begriff selbst ist seine Definition: repetitives selbst-stimulierendes Verhalten.
Das wars! Das ist die Definition von Stimming. Ja, wirklich.
1. Repetitiv. Das gleiche Verhalten muss mehrfach wiederholt werden.
2. Selbst-stimulierend. Das Verhalten muss die Person, die es ausführt, stimulieren.
3. Verhalten. Ein Verhalten kann alles sein, was eine Person tut.
Beachte, wie kurz, einfach, und unspezifisch die Definition von Stimming ist.
Sie beantwortet keine dieser Fragen: Welche Diagnosen haben Menschen die stimmen? Wie passiert Stimming? Welche Arten von Stimming gibt es? Welche Gründe für Stimming gibt es? Welches Werturteil sollte Stimming zugeschrieben werden sollte? Dies ist so, weil es quasi unmöglich ist, alle möglichen Antworten auf diese Fragen aufzulisten.
Die Definition von Stimming ist kurz, einfach, und unspezifisch, weil sie es sein muss.
Stimming ist so umfassend.
Dies bedeutet, dass wir nicht automatisch Details wissen, wenn wir über Stimming sprechen. Daher müssen und/oder wollen wir vielleicht mehr Details hinzufügen, indem wir Stimming näher beschreiben.
– bewusst/unbewusst
– wissend/unwissend
– hilfreich/schädlich
– selbst-schädigend/selbst-verletzend
– angenehm/unangenehm
– beruhigend/bedrückend
– Überstimulation/Unterstimulation
– Reaktion/Vorbeugung
– Gefühlsausdruck/Gefühlsregulation
– kommunikativ/nicht-kommunikativ
– Konzentration/Ablenkung
– Notreaktion
– Selbstregulierung
– Schmerzreduzierung
STIMMING IN BEGRIFFE FASSEN
Wir haben reichlich existierende Wörter, die wir benutzen können, um Stimming näher zu beschreiben. Was wir (noch) nicht haben, sind ausreichend stimmingbezogene Wörter, die bestimmte Stimming Erfahrungen benennen.
Jedes Mal, wenn ich mein Stimming bespreche, muss ich eine Reihe an Details klarstellen, damit Menschen mich richtig verstehen. Das bedeutet immer langwierige Erklärungen, die immer und immer wiederholt werden müssen.
Aus diesem Grund habe ich schließlich damit begonnen, mein eigenes Stimming etwas mehr in Begriffe zu fassen. Ich habe vier neue Begriffe geschaffen, die meine häufigsten Stimming Erfahrungen benennen, die ich nun als eine Kurzformel benutze, um paragraphenlange Erklärungen zu ersetzen: Stimstoß, Stimstocken, rausstimmen, und stimmich.
Zusammen mit anderen Stimming Begriffen machen diese meine Kommunikation über mein Stimming im täglichen Leben einfacher und effektiver. Der Prozess Begriffe für mein Stimming zu finden, hat mir außerdem dabei geholfen, meine Erfahrungen besser zu verstehen. Es erlaubt mir, sie anderen Menschen besser zu erklären. Letztendlich hilft es mir dabei, besser für mich selbst einzutreten, und meine Bedürfnisse besser zu erfüllen.
STIMSTOSS
Ich habe den Begriff „Stimstoß“ geschaffen, um plötzliche, unfreiwillige, ausbruchsartige, kurze Stimming Episoden zu benennen. Diese haben einen plötzlichen Anfang und ein plötzliches Ende haben, sowie variierende Nachwirkungen.
Stell es dir ähnlich wie einen Blitzeinschlag vor: Es passiert plötzlich, löst eine starke Reaktion aus, dann ist es vorbei, und die möglichen Nachwirkungen variieren stark.
Häufige Auslöser für einen Stimstoß sind plötzliche, unerwartete, und/oder sehr intensive Erlebnisse – aber alles kann einen Stimstoß auslösen. Alle möglichen Auslöser können alle möglichen Stims auslösen – ein positiver Auslöser kann einen neutralen, positiven, oder negativen Stim auslösen. Ein negativer Auslöser kann einen neutralen, positiven, oder negativen Stim auslösen. „Stimstoß“ beschreibt nicht den Auslöser, sondern die Art von Stimmingerfahrung, die ausgelöst wird.
WIE SICH EIN STIMSTOSS ANFÜHLT
Ich bekomme Stimstöße oft von plötzlichen, lauten Geräuschen, die mich für ein paar Momente lang quieken und mit den Händen wedeln lassen. Ich bekomme auch oft Stimstöße wenn ich esse. Etwas Leckeres zu essen, lässt mich mit fröhlichem Quieken und Wedeln stimmen. Etwas Ekliges zu essen, lässt mich mit verstörtem Quieken und Wedeln stimmen.
Einen Stimmstoß zu bekommen, fühlt sich wie ein Blitz in meinem Körper an. Es ist ein starkes Bersten im Innern meines Körpers, das zu stark ist, um innen gehalten zu werden und seine eigene Freisetzung erzwingt.
Nachdem ich einen Stimstoß erlebt habe, brauche ich gewöhnlich ein paar Minuten, um mich zu erholen, meine Sinne zu sammeln, und wieder zurück zu wechseln.
STIMSTOCKEN
Ich habe den Begriff „Stimstocken“ geschaffen, um das Feststecken in einem unfreiwilligen Stim zu benennen, das man nicht willentlich beenden kann. Man muss das Stimstocken entweder abwarten, bis man wieder Kontrolle hat, oder braucht Prompts von außen, um es zu lösen.
Stimstocken kann jederzeit passieren. Man stimt vielleicht schon seit einiger Zeit und dann entwickelt sich daraus ein Stimstocken. Oder man gerät sofort zu Beginn des Stimmings ins Stimstocken. Man stimt vielleicht zuerst freiwillig und gerät dann ins Stimstocken. Der Stim, mit dem man ins Stimstocken gerät, war vielleicht von Anfang an unfreiwillig.
WIE SICH STIMSTOCKEN ANFÜHLT
Ich gerate jeden Morgen beim Waschen in der Badewanna ins Stimstocken. Meine Hände strecken sich wieder und wieder unter das laufende Wasser. Mein Gehirn braucht den Sinnesreiz auf der Haut und lässt mich nicht los, ehe dieses Bedürfnis vollständig erfüllt ist. In diesem Fall braucht mein Gehirn Hilfe mit dem Übergang von Schlafen zu Wachen.
Wenn ich aus dem Stimstocken ausbrechen will, brauche ich Prompts. Manchmal brauche ich auditive Prompts. Manchmal brauche ich visuelle Prompts. Manchmal brauche ich körperliche Prompts. Das Problem mit diesen Prompts ist, dass meine Bedürfnisse variieren. Zu bestimmten Zeiten brauche ich unterschiedliche Prompts. Wie stark es sein muss variiert. Und ich weiß nie, welches negative Konsequenzen haben wird, anstatt das Stimstocken zu lösen.
Wenn sich das Stimstocken von alleine auflöst, brauche ich danach keine Übergangszeit und erlebe keine Nachwirkungen. Wenn das Auflösen erzwungen ist, erlebe ich immer Nachwirkungen. Dies kann ein Meltdown sein, ein Shutdown, oder mich nur den Tag lang sensorisch „falsch“ zu fühlen.
RAUSSTIMMEN
Ich habe den Begriff „rausstimmen“ geschaffen, um den Akt des Regulierens einer intensiven inneren Empfindung durch ein Nach-Außen-Kehren durch Stimming zu benennen. Dies ist kein neuer Begriff im eigentlichen Sinne, sondern das Konzept von „rauslassen“ angewendet auf Stimming.
WIE SICH RAUSSTIMMEN ANFÜHLT
Ich erlebe aufgrund der Tatsache dass ich autistisch bin, und in einer Welt die für nicht-autistische Menschen geschaffen wurde lebe, viel Intensität. Diese Intensität baut sich in meinem Körper als körperliche Empfindungen auf. Dies rauszustimmen hilft mir, diese körperlichen Innenempfindungen nach außen zu kehren. Dies verringert die intensiven inneren Empfindungen. Rauszustimmen ist selbst-regulierend.
STIMMICH
„Stimmich“ ist meine Übersetzung des existierenden englischen Begriffes „stimmy“. „Stimmich“ benennt das zum Stimming angeregt sein. Dies können Dinge sein, die dazu anregen, mit ihnen zu stimmen. Dies kann auch der innere Drang sein, zu stimmen. Und dies kann der Zustand sein in dem man ist, wenn man viel stimmt.
Stimmich zu sein, oder etwas als stimmich zu erleben, kann eine neutrale, positive, oder negative Erfahrung sein. Es ist eine unfreiwillige Empfindung, aber ob man ihr nachkommt oder nicht kann sowohl freiwillig, wie auch unfreiwillig sein.
WIE SICH STIMMICH ANFÜHLT
Ich kann stimmich zu sein am Besten als ein elektrisches Gefühl in meinem Körper beschreiben, eine Art Kribeln, Knistern, Brutzeln. Ich erlebe dies besonders oft wenn nervös, aufgeregt, oder fröhlich.
Ich bin hauptsächlich ein taktiler und vokaler Stimmer. Die Dinge, die für mich besonders stimmich sind, hängen damit zusammen. Bestimmte Geräusche und Strukturen sind stimmich und veranlassen mich dazu, mit ihnen zu stimmen. Stimmiche Dinge sind wie eine Einladung für mein Gehirn, die mein Gehirn nur zu gerne annimmt.
Besonders stimmich zu sein, ist meist ein Zeichen dafür, dass irgendetwas los ist. Es ist sehr hilfreich, wenn ich selbst bemerke, dass ich besonders stimmich bin. Es erlaubt mir, zu überprüfen, ob ich etwas brauche. Es ist auch hilfreich, wenn Menschen meines Vertrauens bemerken, dass ich besonders stimmich bin. Auch für sie ist es ein Zeichen, dass ich vielleicht etwas brauche.
Schreibe einen Kommentar