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AUTONOMIE IN MEINEM LEBEN
WARUM ICH VON UNERREICHBARER UNABHÄNGIGKEIT ZU AUTONOMIE GEWECHSELT HABE
Wie die meisten von uns, wurde auch ich mit Unabhängigkeit als meinem höchsten Ziel gesetzt von allen um mich herum großgezogen. Ich habe in einigen Bereichen Unabhängigkeit erreicht. In anderen nicht. Und egal, was ich versucht habe und wie sehr ich mich angestrengt habe, ich habe es einfach nicht geschafft.
Letztendlich hat das Beharren auf unerreichbare Unabhängigkeit mich beinahe umgebracht. Ich habe ein schweres autistisches Burnbout erlitten und erhole mich davon noch heute – vier Jahre später.
Endlich hat meine Selbstanalyse mich zu der Erkenntnis geführt, dass es für mich einfach nicht realistisch war, die selben Dinge erreichen zu wollen, wie die Menschen um mich herum. Weil ich andere Fähigkeiten, Behinderungen, und Bedürfnisse hatte, als sie. Ich habe verstanden, dass ich Dinge auf meine Art tun musste, um gesund und erfolgreich zu sein. So habe ich Autonomie über erzwungener Unabhängigkeit für mich entdeckt.
Der größte Unterschied zwischen dem dauernden Kampf für unerreichbare Unabhängigkeit und Autonomie für mich ist eine unglaubliche Kraftersparnis, was einen positiven Effekt für meine Gesundheit hat.
Der andere große Effekt, den diese Veränderung für mich hat ist mein deutlich besseres Selbstwertgefühl. Ich versage nicht andauernd dabei, ein unmögliches Ziel erreichen zu wollen, das von anderen Menschen gesetzt wurde. Stattdessen stelle ich mich selbst für meinen eigenen, persönlichen Erfolg auf meine Art auf.
WIE ICH AUTONOMIE BENUTZE
Hier sind ein paar Beispiele dafür, wie ich in meinem Leben von unerreichbarer Unabhängigkeit zu Autonomie gewechselt habe:
ICH KANN NICHT KOCHEN
UNERREICHBARE UNABHÄNGIGKEIT
Ich habe ununterbrochen versucht, kochen zu lernen. Kochbücher, selbstgemachte Rezeptkarten, Onlinetutorials, mit meinem Mann, meiner Mutter, meiner Betreuerin…jedes Mal blieb ich vollkommen erschöpft zurück, hatte oft Meltdowns, und brauchte Tage, um mich von jeder gekochten Mahlzeit zu erholen. Ich habe mich wie ein totaler Versager gefühlt und hatte Angst, mich nicht selbst versorgen zu können.
AUTONOMIE
Ich versuche nicht mehr, zu kochen. Stattdessen mache ich, was ich kann. Ich wärme fertige Mahlzeiten auf. Ich esse ausserdem in meiner Behindertenwerkstatt. Manchmal bestellen mein Mann und ich online Essen. Wenn bei uns frisch gekocht wird, kocht mein Mann. Ich helfe Dinge zu schnippeln, wenn ich kann.
Vielleicht versuche ich das mit dem Kochen nochmal in der Zukunft. Wenn ich das Gefühl habe, dass ich es schaffen kann.
ICH KANN MICH AN NICHTS ERINNERN
UNERREICHBARE UNABHÄNGIGKEIT
Ich habe alles Mögliche versucht, um mich an Dinge zu erinnern. Kalender auf meinem Handy, Planer, Wecker…Ich vergesse letztendlkich immer diese Dinge zu benutzen. Ich habe viele Termine und Aufgaben vergessen. Ich war frustriert und habe mich wie ein Versager gefühlt.
AUTONOMIE
Jetzt verstehe ich, dass meine Exekutive Dysfunktion mich davon abhält, die Dinge verlässlich zu benutzen, die mir theoretisch helfen würden. Ich sage jetzt ehrlich „Ich werde das vergessen.“, wenn Menschen mich darum bitten, etwas für sie zu tun. „Daran wirst du mich solange erinnern müssen, bis es fertig ist.“ ist jetzt ein wichtiger Teil meines Lebens. Mein Mann und meine Mutter spielen eine große Rolle dabei, mich an Termine und Aufgaben zu erinnern.
Ich versuche auch weiter, meine Helfer zu benutzen, denn wenn ich sie benutze helfen sie mir ungemein und ich liebe meinen Planer. Aber wnen ich es vergessen, akzeptiere ich das und gebe mir nicht mehr selbst die Schuld.
ICH HABE SCHWIERIGKEITEN BEIM ENTSCHEIDUNGEN TREFFEN
UNERREICHBARE UNABHÄNGIGKEIT
Ich habe jede noch so kleine Entscheidung von Anfang bis Ende recherchiert, ehe ich sie treffen konnte. Oft kam ich nicht weiter, weil ich nicht genug Informationen sammeln konnte, um mich zu entscheiden, weil ich zu viele Entscheidungen gleichzeitig recherchieren musste, oder weil ich zu erschöpft war, um zu recherchieren. Ich hatte oft Meltdowns, wegen anstehenden Entscheidungen. Ich hatte viel Druck, Stress, und Angst über Entscheidungen.
AUTONOMIE
Wenn ich keine Entscheidung treffen kann, dann…tu ich es eben nicht. Ich sage jetzt oft „Ich kann das gerade nicht entscheiden. Ich lass es dich wissen, sobald ich es kann.“ Ich benutze auch oft „Ich kann das gerade nicht entscheiden. Bitte entscheide du für mich.“.
Besonders bei faktisch unwichtigen Entscheidungen, die mein Gehirn als zu wichtig einstuft, um schnell zu entscheiden. Wie, wenn mein Mann mich fragt, was er am Wochenende kochen soll. Oder wenn meine Chefin mich fragt, welche von drei Aufgaben ich zuerst erledigen möchte.
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