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SCHNEE – DER FILTER, DER MEINEM GEHIRN FEHLT
WIRD ES DIESES JAHR SCHNEIEN?
Jedes Jahr, beginnend im November, beschäftigt mich die Frage, ob es dieses Jahr wohl schneien wird. Überhaupt? Genug, für einen Schneespaziergang? Schlittenfahren? Vielleicht sogar für mehr, als nur einen Tag? Wann wird der erste Schnee fallen? Heute? Morgen? Wird es weiße Weihnachten geben?
In meiner Kindheit hat es jedes Jahr geschneit. Und wir hatten wochenlang schneebedeckten Boden. Es gab tägliche Schneespaziergänge und Schlittenfahrten. Ich musste zur Schule laufen, anstatt mit dem Rad zu fahren. Schneemänner wurden gebaut und Fußabdrücke in dickem, pudrigem Weiß hinterlassen. Fallende Schneeflocken und das wundersame, einzigartige Knirschen von frischem Schnee unter meinen Füßen. Wie habe ich es geliebt. Abgesehen von den Schneebällen, die ohne meine Zustimmung auf mich geworfen wurden. Alles Andere habe ich geliebt.
SCHNEE IST DER FILTER, DER MEINEM GEHIRN FEHLT
Schnee macht die Welt stiller.
Er verschluckt Geräusche wie die große weiße Decke, die er ist. Er lindert den andauernden Angriff der Außenwelt auf meine Ohren. Und die verbleibenden Geräusche sind leichter zu ertragen, weil sie weicher sind. Sanfter.
Schnee verschluckt Farben.
Die Welt, die mich zuvor mit Farben verletzt hat, verwandelt sich in eine beruhigende Mischung aus weiß, braun, schwarz, und grau. Mit grauen Himmel wird es noch besser. Und wenn es dann noch neblig ist, könnte es besser nicht sein.
Schnee verdeckt alle Details der Welt, deren Verarbeitung mein Gehirn so viel Kraft kostet.
Häuser haben nicht länger Hunderte von Dachziegeln für mich zu sehen. Bäume und Sträucher haben nicht länger Tausende von Nadeln und Blättern. Gras hat nicht länger Millionen von Halmen.
Alles wird weniger.
Und somit wird die Welt für mich erträglicher.
Schnee bringt mir Frieden.
MIR FEHLT MEIN SCHNEE
Schnee ist mein sehr lieber Freund.
Ich bin unsagbar traurig darüber, dass er jedes Jahr weniger und weniger vorbei kommt. Und wenn er kommt, dann weniger und oft nur für einen Tag oder zwei.
Ich bekomme nicht oft Pausen. Und nun wird die große Pause, die ich früher jedes Jahr bekam, mit jedem Jahr das vergeht weniger und weniger wahrscheinlich.
Vor ein paar Tagen hat es etwas geschneit.
Noch nicht einmal einen Zentimeter. Und es war noch vor dem Mittag wieder verschwunden.
Schnee fehlt mir. So sehr.
Mein Gehirn ist so unfassbar müde von dieser Welt. Ich wünschte, ich könnte nach draußen gehen und es genießen. Einfach existieren, in einer Welt, die mich plötzlich willkommen zu heißen scheint. Die mein Bedürfnis nach weniger, ruhiger, umarmt. Die mich umarmt.
Ich frage mich, ob es dieses Jahr Schnee für mich geben wird…
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