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BEHINDERTENWERKSTATT – UND AUTISMUS
Willkommen zu Teil 2 meiner Blogserie „BEHINDERTENWERKSTÄTTEN“
Der gesamte Inhalt dieser Serie:
TEIL 1 – ÜBERSICHT
TEIL 2 – BEHINDERTENWERKSTÄTTEN UND AUTISMUS
TEIL 3 – PERSÖNLICHE ERFAHRUNG
TEIL 4 – ARBEITSBEISPIELE
TEIL 5 – SOLLTEN BEHINDERTENWERKSTÄTTEN ABGESCHAFFT WERDEN?
Bitte beachten, dass ich mich in Deutschland befinde und bestimmte Dinge in anderen Ländern anders sein können.
KEIN PLATZ FÜR AUTISTEN?
Autismus ist eine neurologische Behinderung. Werkstätten für behinderte Menschen sind jedoch in psychologische, geistige, und körperliche Behinderungen aufgeteilt.
Da Autismus aktuell immer noch fälschlicherweise als psychologische Störung klassifiziert wird, werden Autisten in Werkstätten für psychologisch behinderte Menschen platziert. Das bedeutet, dass sie bereits von Anfang an missverstanden sind. Autisten in Werkstätten für behinderte Menschen werden standardmäßig als psychologisch gestört behandelt. Die Herangehensweisen mit denen ihnen begegnet wird sind standardmäßig verhaltensorientiert.
Dieses Missverstehen von Autismus und das daraus resultierende fehlinformierte Behandeln von Autisten kann schädliche Auswirkungen haben. Allermindestens ist es nicht sehr hilfreich.
DAS PERSONAL IST NICHT GUT ÜBER AUTISMUS INFORMIERT
Um Autisten adäquat unterstützen zu können, muss das Personal Autismus zuerst verstehen. Aber wenn sie dies nicht tun, es kein offizielles Autismustraining gibt, und sie sich nicht selbst weiterbilden…wie können sie das? Indem sie den Autisten, denen sie helfen sollen, zuhören und ihrer Leitung folgen.
Damit das funktioniert, muss der beteiligte Autist in der Lage sein…
…den eigenen Autismus sehr gut zu verstehen
…zu bemerken, was hilft und was nicht
…für sich selbst einzutreten, auch gegen Fehlinformationen
…andere weiterzubilden
Zu versuchen, das Personal in Werkstätten über Autismus aufzuklären ist…
…ein großer Aufwand, da Autismus extrem komplex und mit jedem Lebensbereich verwoben ist
…nicht jedem Autisten immer oder gar jemals möglich
…nicht die Aufgabe des beschäftigten Autisten
Autisten, die zu Werkstätten für behinderte Menschen kommen, haben zu kämpfen. Hätten sie das nicht, wären sie nicht da. Die Last, Personal aufzuklären, und die eigene richtige Behandlung sicherzustellen, dazu zu packen ist inakzeptabel.
Nach aktuellem Stand sind die meisten Werkstätten für behinderte Menchen nicht dafür eingerichtet, Autisten adäquat zu unterstützen. Autismustraining, das von (gut bezahlten!) Autisten informiert und durchgeführt wird, könnte das ändern.
DIE UMGEBUNG IST NICHT AUTISTENFREUNDLICH
Ein weiteres Problem für Autisten in Werkstätten für behinderte Menschen ist die Umgebung. Werkstätten sind große Gebäude mit mehreren Großräumen. In jedem Raum arbeitet eine Gruppe von Menschen zusammen. Für Autisten kann dies ein konstant schädliches Arbeitsumfeld bedeuten.
Probleme für Autisten in Werkstätten:
– irgendjemand redet immer, oft mehrere Menschen gleichzeitig
– Menschen stehen häufig auf, bewegen sich im Raum, holen Dinge, setzen sich wieder usw.
– Türen öffnen und schließen sich häufig
– Unterbrechungen durch Personal oder Kollegen sind häufig
– von Anderen in sozialen Kontakt verwickelt zu werden geschieht häufig
– meist läuft das Radio
– Temperatur und Licht können nicht autonom kontrolliert werden
– neue Menschen kommen und gehen, Kollegen, Personal, Praktikanten
– meist gibt es in den Räumen viel visuelles Chaos
– Menschen bewegen Dinge hin und her
– Menschen entfernen Dinge von und fügen Dinge zu den Arbeitsflächen Anderer hinzu
– die zu erledigenden Arbeiten wechseln je nach Abteilung recht häufig
– verfügbare Essensoptionen für das gestellte Mittagessen mögen unzugänglich sein
– die Fahrt zur und von der Werkstatt im Gruppenbus mag unzugänglich sein
Werkstätten für behinderte Menschen haben meist Ruheräume, in die Menschen sich zeitweise zurückziehen können. Diese können etwas Erleichterung verschaffen, sind aber keine dauerhafte Lösung und helfen nicht mit dem eigentlichen Arbeitsumfeld.
Etwas, das viele dieser Probleme lösen könnte, sind Einzelräume. Diese sind jedoch in Werkstätten für behinderte Menschen selten vorhanden. Sie zur Verfügung zu stellen könnte helfen.
ANPASSUNGEN LÖSEN NICHT ALLE PROBLEME
Anpassungen existieren. Sie zu benutzen, ist in Werkstätten für behinderte Menschen akzeptiert und wird sogar angeregt. Aber. Anpassungen helfen, Probleme zu managen, sie lösen sie nicht unbedingt. Sie existieren auch nicht für jedes einzelne Problem.
Ein Problem mit Anpassungen, das Nichtautisten gewöhnlich übersehen, ist die Tatsache, dass sie selbst neue Probleme verursachen können. Anpassungen wie Gehörschutz, Sonnenbrillen, Hüte usw. sind daher besser als vorrübergehende Bewältigungsmechanismen zu betrachten, anstatt als dauerhafte Lösungen.
Dies bedeutet, dass selbst mit allen möglichen Anpassungen, ein Autist sich immer noch in einer konstant schädlichen Situation und Umgebung befinden kann. Wenn tatsächliche Lösungen für Probleme nicht gefunden werden können, kann dies zu Überladung und Burnout führen.
SPEZIALISIERTE “AUTISMUS WERKSTÄTTEN”
Werkstätten, die sich auf die Unterstützung von Autisten spezialisiert haben, existieren. Sie sind jedoch weitaus seltener, als reguläre Werkstätten und somit nicht für jeden Autisten erreichbar, der diese Art Unterstützung bräuchte.
Ich habe Ende Februar einen Termin in einer solchen spezialisierten Werkstatt. Ich werde diesen Beitrag aktualisieren, sobald ich mehr persönliche Erahrungen in diesem Bereich habe.
FAZIT
Ob eine bestimmte Werkstatt für einen Autisten funktionieren kann oder nicht, hängt von der individuellen Werkstatt, dem Personal, und den individuellen Fähigkeiten und Bedürfnissen des Autisten ab.
Wenn ein Autist bereits offiziell als unfähig, mindestens 3 Stunden pro Tag auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten zu können, gilt, kann eine Werkstatt ausprobiert werden. Man kann pausieren, die Beschäftigung unterbrechen, oder kündigen, wann immer gewollt oder notwendig.
Wenn ein Autist noch nicht offiziell als unfähig, mindestens 3 Stunden pro Tag auf dem ersten Arbeitsmarkt arbeiten zu können, gilt, sollte man etwas vorsichtiger sein. Denn sobald man dieses Label hat, muss man es zuerst wieder loswerden, falls man Zugang zu Hilfen möchte, die sich mit dem ersten Arbeitsmarkt befassen. Informiert euch daher also im Voraus über dieses Label.
Der nächste Beitrag dieser Serie ist TEIL 3 – PERSÖNLICHE ERFAHRUNG.
Der gesamte Inhalt dieser Serie:
TEIL 1 – ÜBERSICHT
TEIL 2 – BEHINDERTENWERKSTÄTTEN UND AUTISMUS
TEIL 3 – PERSÖNLICHE ERFAHRUNG
TEIL 4 – ARBEITSBEISPIELE
TEIL 5 – SOLLTEN BEHINDERTENWERKSTÄTTEN ABGESCHAFFT WERDEN?
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